Slime | Support: Selbstbedienung
Wer bereits zu seinen Lebzeiten so etwas wie Legendenstatus innehat, der wird meist schnell beim Mittagsschläfchen auf den eigenen Lorbeeren erwischt oder bei großen Kneipentresen-Gesten zu den immer gleichen Stories von damals. Die einen wirken dabei nur noch angestrengt und verbissen, die anderen selbstverliebt und zahnlos. Die wenigsten indes machen den Eindruck, auch nach Jahren im Hier und Jetzt zu Hause und vor allen Dingen immer noch getrieben zu sein - egal wie steinig der Weg auch (gewesen) sein mag.
Will sagen: Niemand hätte es der reunierten Deutschpunk-Institution SLIME wohl wirklich übel genommen, wenn die Hamburger nach der Trennung von Sänger Dirk „Diggen“ Jora Mitte 2020 die Flinte ein zweites und allerletztes Mal ins Korn geworfen hätten. Als eigene Cover-Band, die mit einer halbgaren B-Mannschaft 41 Jahre nach ihrer Gründung altersmilde durch die Lande tingelt, sollte schließlich niemand enden müssen, der mit Meilensteinen wie „Schweineherbst“ oder „Alle Gegen Alle“ eine komplette Szene für die Ewigkeit maßgeblich beeinflusst hat. SLIME waren und sind aber schönerweise immer nur dann rückwärtsgewandt, wenn es um das Berufen auf die eigenen Stärken und das Besinnen auf die subkulturellen Ideale und das Mission Statement der Band geht.
Die Energie, Wut und Attitüde der verbleibenden Nici, Alex, Elf und Christian sind auch vier Dekaden später ungebrochen. Und das völlig unverkrampft, mit beeindruckender Leichtigkeit UND Fokus.
So ist es dann auch kaum verwunderlich, dass die übrigen Vier nicht einfach satt auf dem eigenen Tribute-Thron oder mit roten Augen auf einem Scherbenhaufen sitzen bleiben, sondern im Jahr 2022 kurzerhand das Kapitel „Slime Zwei“ mit dem neuen Album „Slime Zwei“ in ihrer spannenden Band-Biografie aufschlagen. Richtig gelesen: SLIME sind zurück. Mit neuem Album. UND neuem Sänger.
Da ist es eigentlich nur folgerichtig und passgenau, dass Tex Brasket, der neue Mann am Mikro, kein abgehalfteter Alt-Rockstar ist, sondern jemand, der echte Bordsteinkantengeschichten erzählen kann, selbst jahrelang SLIME Fan war und den seine eigene Musik immer über Wasser gehalten und vorangetrieben hat.
Auf einem Spaziergang hat Elf den überaus talentierten, obdachlosen, Mitte 30jährigen Straßenmusiker (mit Wurzeln in einer texanischen Bluesmusiker-Familie) an einer Berliner U-Bahn-Station aufgegabelt und zu einer gemeinsamen Probe überredet.
Fünf alte SLIME Klassiker später ist der Band im Proberaum klar: Gänsehaut lügt nicht und das hier ist die perfekte neue Konstellation und genau jene Frischzellenkur, die den altgedienten Deutschpunker*innen den Staub aus ihrem Parka pustet.
In gewisser Weise hat Tex also die Band und die Band wiederum Tex gerettet. So oder so: Der Drive von Tex’ Gesang, seine persönlichen und trotzdem sehr politischen Lyrics und seine bewegte Vita lassen nur einen Schluss zu. SLIME wollen nicht einfach nur mit ihren alten Hits auf Tour gehen.
Ein neues Album MUSS her. Und das hat es verdammt nochmal in sich. So frisch, angriffslustig, zielgerichtet und gleichzeitig fest auf beiden Beine stehend haben SLIME seit langer Zeit nicht mehr geklungen.
15 grandiose Songs hat Tex mit SLIME im Studio Salon Berlin aufgenommen und von Jörg Umbreit in den Principal Studios in Senden mischen lassen.
Erscheinen wird „Slime Zwei" im Mai 2022 auf dem bandeigenen Label Slime Tonträger in Kooperation mit Hulk Räckorz. DIY verpflichtet schließlich. Und die eigene Historie sowieso. Willkommen zurück, SLIME! Beziehungsweise: Schön, dass es Euch noch gibt! Oder vielleicht sogar: Hurra, endlich eine neue alte Lieblingsband!