Skinny Lister | Support: Tim Vantol
Eigentlich erscheint es nur logisch, dass die Ursprünge von Skinny Lister in einem Pub verwurzelt sind. "The Cricketers" heißt der Londoner Schuppen, den Sam Bryce, Daniel Heptinstall und Max Thomas während ihrer Studienzeit regelmäßig frequentierten. Eine Ursuppe aus abgestandenen Guinness und ausgedrückten Kippen. Und Musik! Jeden Dienstag veranstaltet das Pubpersonal ausschweifende Folksessions, bei denen das Trio Seemannshymnen und traditionelles Liedgut aufsaugt und mitsingt und nach eigener Aussage nebenbei das Konzept von Skinny Lister entwickelt.
Weil Max zur selben Zeit das Akkordeon für sich entdeckt, covern sich die drei Musketiere unter dem Bandnamen "The Alps" durch die lokale Punk- und Pubszene und bespielen private Geburtstage von Freunden. Das Publikum reagiert euphorisch auf den anarchischen Mix und die neugegründete Band beginnt alsbald damit, eigene Songs zu schreiben. Fortan nennt sich die Truppe Skinny Lister, ein Spitzname, den Frontmann Daniel noch zu Schulzeiten verpasst bekam.
2009 erscheinen die ersten drei Songs auf iTunes, zudem vervollständigt Thomas' Schwester Lorna das Lineup, weil sie laut eigener Aussage die Chance auf Festivalfreikarten nicht verpassen wollte. Überhaupt liebt die Band das Tourleben: 2011 spielt sie mehr Festivals als jede andere Band auf der Insel und wird von PRS folgerichtig als "am härtesten arbeitende Band Großbritanniens" ausgezeichnet. Wer viel spielt, der macht sich viele Bekannte: Ein Auftritt bei SXSW-Festival ermöglicht Skinny Lister, deren Aufstellung sich abseits der Gründungsmitglieder ständig ändert, eine erste US-Tour und die Teilnahme an der legendären Vans Warped Tour. Dort lernen Heptinstall und Co den hawaianischen Kontrabassisten Michael Camino kennen, dessen ausschweifende Stagediving-Ausflüge mittlerweile zu einem echten Markenzeichen der Band geworden sind.
Die Mucke von Skinny Lister sollte man gefälligst live erleben: Die Briten vermengen englische Volkslieder mit Punkrock-Attitüde à la Dropkick Murphys und Schweinefolk der Mark Frank Turner – ohne sich zu arg auf die eine oder die andere Seite ziehen zu lassen. "Dass wir diesen Sound machen, hat den Vorteil, dass Skinny Lister sich von vielen anderen auftauchenden 'folkigen' Bands unterscheiden, denn die scheinen eher amerikanisch beeinflusst zu sein. Eine gewisse 'Britishness' ist sicherlich stilprägend für Skinny Lister. Wir haben uns auf den Spirit von Bands wie den Pogues und The Clash gestützt.", erklärte Sänger Heptinstall in einem Interview mit dem Ox-Fanzine.
Diesen "Einstecken-Loslegen"-Geist offenbart das derzeitige Sextett, das nach dem Einstieg von Thom Mills 2014 sogar einen Schlagzeuger in den eigenen Reihen präsentiert, auch auf "Forge And Flagon" (2012) und "Down On Deptford Broadway" (2014). Auf ihrer 2016er Platte "The Devil, The Heart And The Fight" geht es indes deutlich komplexer und alternativer zu, was sogar zu vereinzelten Arcade Fire-Vergleichen in der Presse führte.
Nichtsdestotrotz besingt Frontmann Daniel Heptinstall mit Vorliebe das kleine und schmutzige Leben im Allgemeinen und seine eigenen Sauf-Eskapaden im Speziellen. "Hamburg Drunk" handelt von einer durchzechten Nacht auf der Reeperbahn, die damit endet, dass eine Protistierte dem Skinny Lister den Arsch versohlt, "Trouble On Oxfordstreet" beschreibt eine Keilerei mit einer Gruppe mit Straßenpunks, und das legendäre "George's Glass" ist eine Hymne auf "Party-George", den Vater der Bandmitglieder Lorna und Max, der nur zu gern die Bühne seiner Nachkommen stürmt.